Unglaublich: E-Autos tanken Strom im Vorbeifahren – Deutschlands erste Wireless-Lade-Autobahn ist da!

Induktives Laden unterwegs: Ein Quantensprung für E-Mobility
Ein Kilometer der deutschen Autobahn A6 bei der Raststätte Oberpfälzer Alb Nord in Fahrtrichtung Nürnberg wird in diesem Sommer zum Pilotprojekt für kabelloses Laden im Vorbeifahren. Das sogenannte Electric Road System (ERS) soll Elektrofahrzeuge über in den Asphalt eingelassene Kupferspulen induktiv mit Energie versorgen. Die Vision: Kein Ladestopp mehr, kein lästiges Kabel – sondern eine durchgehende Reichweitenverlängerung auf Langstrecken.
Funktionsprinzip des ERS
Die Technologie basiert auf drahtloser Energiemigration nach dem Resonanzprinzip:
- Unterflur-Spulen: Kupferwicklungen im Straßenbelag erzeugen ein magnetisches Wechselfeld.
- Fahrzeugempfänger: Ein Induktionsmodul unter der Fahrzeugbodengruppe nimmt das Feld auf und wandelt es in Gleichstrom für die Batterie.
- Kontaktlos: Kein physischer Stecker; ähnlich wie ein kabelloses Smartphone-Ladepad.
- Automatisch: Die Energieübertragung startet und stoppt, sobald das Fahrzeug den induktiven Straßenabschnitt durchfährt.
Projekt EMPOWER: Ein vernetztes Forschungskonsortium
Das Vorhaben wird im Rahmen des Programms EMPOWER durchgeführt, das 2022 mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie der Deutsche Autobahn GmbH ins Leben gerufen wurde. Im EMPOWER-Konsortium arbeiten:
- FAPS Institute – Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
- ELSYS Institute – Technische Hochschule Nürnberg
- Fraunhofer IISB mit neuem Forschungszentrum in Hallstadt (Bamberg)
Ziel ist die Analyse aller Teilaspekte: Energieeffizienz, Systemverluste, Materialbeständigkeit und Kosteneffizienz beim Einbau und Betrieb. Der Datenaustausch zwischen Autobahnverwaltung, Forschungsinstituten und Industriepartnern schafft eine Basis für eine europaweite Standardisierung.
Labor Autobahn : 1 von 5,7 Kilometern als Prototyp
Insgesamt werden 5,7 Kilometer der A6 erneuert, von denen ein Kilometer speziell für die ERS-Installation ausgewählt wird. Dieser „intelligente Streckenabschnitt“ dient als Open-Air-Labor:
- Messstationen: Kontrolle von Ladeleistungen, Fahrzeuggeschwindigkeit und Außentemperatur.
- Monitoring: Echtzeit-Datenübertragung an zentrale Server in Nürnberg und Hallstadt.
- Fahrzeuginspektion: Testflotten namhafter Hersteller nehmen täglich Messfahrten vor.
Erste Feldtests in skandinavischen Ländern dienten als Machbarkeitsstudien. Die deutsche Anwendung auf einer stark befahrenen Autobahn stellt nun die Schlüsselprüfung für Alltagstauglichkeit und Skalierbarkeit dar.
Technische Herausforderungen und Lösungen
Für einen reibungslosen Betrieb sind mehrere Faktoren entscheidend:
- Asphaltbeständigkeit: Die Einbettung der Spulen darf die Fahrbahndecke nicht schwächen.
- Wärmemanagement: Magnetfeldverluste führen zu Wärme, die abgeleitet werden muss.
- Fahrzeugkompatibilität: Standardisierte Schnittstellen erlauben verschiedenen Modellen den Zugriff.
- Elektromagnetische Verträglichkeit: Feldabschirmungen sollen Störungen an benachbarten Leitungen verhindern.
Fraunhofer IISB liefert hierzu Simulationen und Prototypen für flexible Spuleneinbettungen, während die TH Nürnberg neuartige Messmethoden für Feldstärkenentwicklung entwickelt.
Arena del Futuro: Italienisches Pendant bei Chiari
Auch Italien hat bereits 2022 im Rahmen des Projekts „Arena del Futuro“ in Chiari (Provinz Brescia) einen Experimentierkreis eingerichtet. Dort wurde ein kurzer Rundkurs mit induktiver Ladeinfrastruktur ausgestattet:
- Versuchsfahrten ließen E-Vans mehrere Runden fahren, ohne Batterie zu wechseln.
- Fokus lag auf kleineren Geschwindigkeiten (bis 40 km/h) zur Untersuchung von Wirkungsgrad und Feldstabilität.
- Ergebnisse flossen in Normungsdiskussionen auf EU-Ebene ein.
Die parallele Forschung in Bayern und Lombardei zeigt: Induktives Laden im Fahrbetrieb wird europaweit als Gamechanger angesehen.
Auswirkungen auf die E-Mobilität in Deutschland
Langfristig verspricht das ERS:
- Reduzierte Batteriekapazität: Fahrzeuge benötigen kleinere Akkus, sparen Gewicht und Kosten.
- Weniger Ladesäulen: Investitionen können von Einzelladestationen hin zu Spurenerweiterungen verlagert werden.
- Flottenmanagement: Logistiker und Busunternehmen gewinnen höhere Verfügbarkeiten ohne Ladepausen.
- Nachhaltige Infrastruktur: Energie kann aus regenerativen Quellen eingespeist werden, CO₂-Bilanz verbessert sich.
Für Pendler auf der A9 im Frankenwald oder Speditionen auf der A6 zwischen Nürnberg und Heilbronn könnte dieses System die Art und Weise, wie wir Langstrecken elektrisch zurücklegen, revolutionieren.
Ausblick auf die nächsten Schritte
Nach Abschluss der Sommertests wird ausgewertet, ob die Technologie binnen drei Jahren auf weitere Autobahnabschnitte ausgedehnt werden kann. Parallel laufen Gespräche mit Fahrzeugherstellern, um ERS-Emfänger als Serienoption anzubieten. Zudem prüfen Verkehrsministerien eine Förderung im Rahmen des kommenden Infrastrukturprogramms.
So bahnt sich auf deutschen Schnellstraßen ein neues Kapitel der Elektromobilität an – ganz ohne Kabelsalat und mit einer Portion Hightech unter dem Asphalt.