Audi hat überraschend die ursprünglich festgelegte Zeitlinie für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor um Jahre verlängert. Während der luxemburgische Hersteller vor drei Jahren noch versprach, ab 2026 ausschließlich Elektrofahrzeuge zu verkaufen und den Bau von Benzinern spätestens 2033 einzustellen, signalisiert neuerdings CEO Gernot Döllner eine deutlich längere Laufzeit für klassische Motoren. Laut seiner Aussage könnte Audi auch nach 2035 Verbrenner im Portfolio behalten – abhängig von der Nachfrage der Kundschaft.
Vom E-Auto-Vorreiter zum flexibleren Antriebsmix
Im Juni 2022 kündigte Audi unter Leitung von Markus Duesmann den großen Schwenk zur Elektromobilität an. Ziel war es, die allerletzten Modelle mit Verbrennungsmotor bis 2025 auf den Markt zu bringen und ab 2026 kein neues Benziner- oder Dieselmodell mehr zu verkaufen. Ebenfalls geplant war das Ende der Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor in Europa bis 2033, mit einer Ausnahme für den chinesischen Markt – je nach Nachfrage.
Nun, nachdem Duesmann im September 2023 den Chefposten an Gernot Döllner übergeben hat, korrigiert Audi den Kurs. Döllner betonte in einem Interview mit Autocar, dass starke Produktneuheiten bis 2026 dem Unternehmen die Flexibilität verschafften, den Verbrenner-Bau um „mindestens sieben, acht, vielleicht sogar zehn Jahre“ zu verlängern. „Dann werden wir sehen, wie sich unsere Märkte entwickeln“, so der neue CEO.
Marktentwicklung und E-Mobilitätsanteile
Trotz des strategischen Schwenks hin zur Elektromobilität bleibt der Absatzmix für Audi anspruchsvoll:
- Im ersten Quartal 2025 konnte Audi 46.371 vollelektrische Fahrzeuge ausliefern – ein Plus von 30,1 % gegenüber Q1 2024.
- BMW verkaufte im gleichen Zeitraum jedoch fast doppelt so viele E-Autos (86.449 Einheiten) und bleibt damit Spitzenreiter unter den deutschen Premiumherstellern.
- Mercedes hingegen lieferte 40.706 Elektrofahrzeuge aus und lag knapp hinter Audi.
Ein neues Einstiegsmodell im A3-Segment, das voraussichtlich 2026 startet, soll kostenbewusste Kunden ansprechen und den Elektrifizierungsanteil weiter erhöhen. Dennoch deckt der Absatz von Hybrid- und reinen Verbrenner-Modellen weiterhin einen großen Teil des Gesamtvolumens ab.
Verbrennungsmotoren bleiben im Modellprogramm
Auch nach 2026 werden Audi-Typen wie A5, A6 und der jüngst vorgestellte Q3 mit klassischen Benzin- und Dieselmotoren zu haben sein. Zudem plant Audi, sportliche S- und RS-Versionen mit hochdrehenden Ottomotoren anzubieten. Damit verfolgt der Hersteller einen dualen Ansatz:
- ICE-Modelle für Kunden, die hohe Reichweite und Tankinfrastruktur bevorzugen.
- Elektro- und Hybridfahrzeuge als Antwort auf globale CO₂-Vorgaben und wachsende Umweltansprüche.
Diese Strategie soll den Handelspartnern Planungssicherheit geben und dem Kunden eine größere Modellvielfalt bieten.
Die Rolle der EU-Verbrennungsnormen
Ab 2035 plant die EU ein Verkaufsverbot für neue Pkw mit CO₂-Emissionen. Audi steht damit vor der Herausforderung, entweder alle Verbrenner-Varianten einzustellen oder sie für Exportmärkte außerhalb der EU weiterzubauen. Mögliche Szenarien:
- Vollständige Abschaffung von Benzinern im EU-Programm, parallel Aufrechterhaltung der Produktion für Märkte mit späteren Restriktionen.
- Bedarfsorientierte Modellexporte in Regionen ohne strikte CO₂-Grenzwerte.
- Umbau von Produktionskapazitäten hin zu einer reinen E-Mobility-Fertigung in europäischen Werken.
Vergleich mit Mercedes und BMW
Auch die Mitbewerber haben ihre Strategien angepasst:
- Mercedes verschob seinen früheren Ausstiegsplan für Verbrenner und plant nun, Benzinfahrzeuge weit in die 2030er Jahre hinein anzubieten.
- BMW hat nie ein festes Enddatum für ICE-Antriebe genannt und stellt die Wahlfreiheit des Kunden sowie eine lückenhafte Ladeinfrastruktur als Gründe in den Vordergrund.
Damit ist klar: Die Premiumhersteller aus Deutschland setzen derzeit auf einen „zweigleisigen Ansatz“, um Marktanteile in allen Segmenten zu sichern und keine Kundengruppen auszuschließen.
Ausblick für Audi-Kunden
Für Fahrer bedeutet die Verlängerung des Verbrenner-Engagements:
- Weiterhin breite Modellpalette mit Benzinern, Dieseln, Hybriden und reinen E-Autos.
- Planungssicherheit für Gebrauchtwagenkäufer und Werkstätten hinsichtlich Teileversorgung.
- Flexiblere Finanzierungs- und Leasingangebote über eine längere Übergangszeit.
Gleichzeitig bleibt Audi unter Druck, seine E-Mobilitätsoffensive voranzutreiben und die Ladeinfrastruktur auszubauen. Schließlich will der Hersteller nicht nur kurzfristig reagieren, sondern langfristig als Leader in Elektrifizierung und Technologie gelten.