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Autonomes Parken auf dem Prüfstand: Wie eine Xiaomi SU7 im Teich landete – die beunruhigenden Bilder, die jetzt Regeln ändern könnten

Autonomes Parken unter Beobachtung: Wie ein Xiaomi SU7 im Teich landete

Ein aktuelles Video aus China hat erneut die Debatte über die Reife autonomer Fahrassistenzsysteme entfacht: Eine Xiaomi SU7, offenbar im automatischen Parkmodus, setzte ihre Manöver unbeirrt fort, bis sie in ein Gewässer fuhr. Der Vorfall ist Teil einer Serie von Störungen, die nach dem Rollout des Updates HyperOS 1.11.0 aufgetreten sind und Fragen zur Zuverlässigkeit, Validierung und Kommunikation von Herstellern aufwerfen.

Was genau passiert ist

Die Aufnahmen zeigen, wie die SU7 während eines automatisierten Parkvorgangs langsam vorfährt, obwohl sich vor ihr ein Teich befindet. Statt frühzeitig zu stoppen, setzt das System die Annäherung fort; erst bei Kontakt mit der Wasseroberfläche greifen die Sicherheitsmechanismen mit spürbarer Verzögerung. Parallel meldeten Betroffene in Hangzhou, dass eine SU7 Max im autonomen Parkmodus einen Abhang befuhr und gegen eine steinerne Fundamentwand rutschte. Diese Ereignisse deuten nicht auf Einzelfehler, sondern auf systematische Schwächen in der Erkennung atypischer Szenarien hin.

Technische Ursachen: Sensorik und Algorithmen im Fokus

Moderne Assistenten fußen auf der Fusion mehrerer Sensoren — Kameras, Radar, Ultraschall und teilweise Lidar — sowie auf neuronalen Netzen zur Bilderkennung. Dennoch gibt es Umgebungen, in denen diese Kombination versagt:

  • Wasserflächen reflektieren Licht und können von Kameras als befahrbare Fläche fehlinterpretiert werden.
  • Ungewöhnliche Neigungen oder Abhänge entsprechen nicht den im Training berücksichtigten Mustern.
  • Reflexionen, schlechte Lichtverhältnisse oder verdeckte Konturen erschweren die Klassifikation.
  • In den dokumentierten Fällen scheint das System die Wasserfläche und den Abhang nicht korrekt als Hindernis/Gefahr klassifiziert zu haben. Noch kritischer: Die Sicherheitslogik, die das Fahrzeug anhalten oder den Fahrer alarmieren sollte, griff offenbar erst nach physischem Kontakt — ein inakzeptabler Zustand bei einer Funktion, die als Unterstützung beworben wird.

    Software‑Update HyperOS 1.11.0 — beschleunigter Rollout, unvollständige Tests?

    Die Häufung der Vorfälle in zeitlicher Nähe zu einem Software‑Update legt die Vermutung nahe, dass neue Algorithmen oder veränderte Parameter fehlerhaft validiert wurden. Software‑Rollouts, besonders für sicherheitsrelevante Systeme, erfordern umfangreiche Tests in realen und simulativen Randbedingungen. Szenarien wie Wasserflächen, starke Gefälle oder improvisierte Parksituationen müssen Teil der Validierungsdatenbank sein. Fehlen solche Tests, können Updates Regressionen verursachen — das heißt, zuvor sichere Verhaltensweisen werden destabilisiert.

    Rechtliche und kommunikative Folgen

    Ein betroffener Fahrzeughalter leitete bereits eine Klage wegen irreführender Werbung ein. Der Kern der Klage: Die SU7 Ultra sei als hoch automatisiertes Fahrzeug beworben worden, obwohl die Realität deutliche Einschränkungen aufweise. Rechtlich angesprochene Aspekte sind hier die Produktbeschreibung, die Informationspflichten des Herstellers und die Frage der Herstellerhaftung bei Versagen automatisierter Funktionen.

    Kommunikativ steht Xiaomi in der Pflicht: Transparenz über die Grenzen des Systems, klare Warnhinweise in der Marketingkommunikation und schnelle, nachvollziehbare Updates sind erforderlich, um Vertrauen wiederherzustellen.

    Was Fahrer jetzt tun sollten

  • Automatische Parkhilfen als Assistenz betrachten, nicht als Autonomie: Hände am Lenkrad, Bereitschaft zum Eingreifen.
  • Nach jedem Software‑Update das Verhalten des Fahrzeugs in einer sicheren Umgebung testen (z. B. leerer Parkplatz).
  • Szenarien dokumentieren: Videoaufnahmen und Logdaten können bei Reklamationen oder in rechtlichen Angelegenheiten entscheidend sein.
  • Firmware‑Updates nur installieren, wenn Herstellerrelease‑Notes nachvollziehbar sind; im Zweifel technische Unterstützung anfordern.
  • Was Hersteller und Regulatoren jetzt tun müssen

    Die Verantwortung liegt nicht allein bei den Nutzern. Autohersteller und Zulieferer müssen Validierungsprozesse strikt gestalten und intransparente Marketingbotschaften vermeiden. Regulatoren sollten klare Testanforderungen für fahrassistierte Systeme definieren, inklusive extremer Randfälle (Wasser, Pisten mit Gefälle, reflektierende Oberflächen). Konkret sind folgende Maßnahmen nötig:

  • Erweiterte Test‑Szenarien, die auch atypische Umgebungen abdecken.
  • Pflicht zur Veröffentlichung von Change‑Logs und Validierungsprotokollen bei sicherheitsrelevanten Updates.
  • Mechanismen für schnellen Rollback, falls ein Update sicherheitsrelevante Regressionen verursacht.
  • Die technologische Realität: Zwischen Hype und Praxis

    Autonome Funktionen werden oft in der Kommunikation hochgespielt — was das Nutzerverständnis verzerrt. Fakt ist: Der Weg zur wirklich autonomen Mobilität ist noch lang. Aktuell liefern Assistenzsysteme erheblichen Komfort, reduzieren Fehler, aber sie ersetzen nicht die aufmerksamkeitsfähigen Menschen am Steuer. Die Vorfälle rund um die SU7 sind ein Weckruf: Technologie muss durch robuste Validierung und ehrliche Kommunikation eingehegt werden, sonst droht ein Vertrauensverlust bei Verbrauchern und Behörden.

    Ausblick: Lernen und verbessern

    Die Hoffnung liegt in einem konsequenten Lernprozess: Hersteller, Zulieferer und Regulatoren müssen die Vorfälle analysieren, Lehren ziehen und Normen anpassen. Für uns in München und ganz Deutschland bleibt wichtig: Die Technik nutzen, aber stets mit gesundem Misstrauen gegenüber vollmundigen Versprechungen. Solange diese Balance besteht, profitieren wir vom technologischen Fortschritt, ohne uns blind darauf zu verlassen.

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