Chatbots auf dem Prüfstand: Können KI-Assistenten Autofahrer wirklich unterstützen?
In Großbritannien haben Forscher von Scrap Car Comparison drei führende KI-Chatbots in der Automobilberatung getestet: ChatGPT, Google AI Overview und Microsoft Copilot. Ziel war es, die Praxistauglichkeit dieser Systeme zu prüfen, wenn Autofahrer mit technischen Problemen konfrontiert sind. Die Ergebnisse zeigen eine überraschende Bandbreite an Stärken und Schwächen – und geben Aufschluss darüber, wie viel Vertrauen man designierten KI-„Mechanikern“ tatsächlich schenken kann.
Testaufbau und Bewertungskriterien
Für den Vergleichsszenario wählten die Experten einen alltäglichen Gebrauchtwagen-Fall: Eine Renault Clio (Bj. 2010) mit 120.000 Kilometern wurde vorab mit drei typischen Defiziten präpariert:
- Rutschende Kupplung (Schlupf beim Anfahren)
- Klimaanlage ohne Kühlleistung
- Mängel am Feststellbremshebel, die die Hauptuntersuchung verhageln
Die Chatbots mussten daraus Diagnosevorschläge und Lösungsansätze liefern. Bewertungskriterien waren:
- Straßensicherheit – Empfiehlt die KI riskante Reparaturversuche?
- Legalität – Werden Vorschriften und Prüfauflagen berücksichtigt?
- Informationsgenauigkeit – Stimmen die technischen Details mit Fachwissen überein?
- Nutzen für den Anwender – Sind die Vorschläge verständlich und umsetzbar?
ChatGPT: Tiefgehende Erklärungsmodelle mit Detailtiefe
ChatGPT überzeugte im Test vor allem durch seine ausführlichen Schritt-für-Schritt-Erklärungen. Bei der rutschenden Kupplung beschrieb das System differenziert mögliche Ursachen, angefangen vom abgenutzten Kupplungsbelag bis hin zu fehlerhafter Seilzug-Justierung. Pro und Kontra verschiedener Reparaturmethoden wurden präzise aufgelistet. Kritiker bemängeln allerdings, dass die Komplexität der Antworten Laien überfordern kann – und damit die Gefahr steigt, dass Anwender den Rat missverstehen.
Google AI Overview: Kurz, knackig und praxisorientiert
Google AI Overview setzte eher auf komprimierte Handlungshinweise. Für den Klimakältekreislauf nannte das System in wenigen Sätzen die häufigsten Leckagen an Dichtungen und Verdampfer. Die Reparaturanleitung bestand aus einer knappen Reihenfolge von Prüfpunkten: Druckmessung, Austausch von O-Ringen, Nachfüllprozedur. Anwender lobten die klare Struktur, bemängelten aber, dass weiterführende technische Hintergründe fehlten.
Microsoft Copilot: Lockerer Ton, teils unpräzise Details
Microsoft Copilot punktete mit einem lockeren, fast kollegialen Sprachstil. „Hey, dein Clio braucht frische Kupplungsscheiben – ab in die Werkstatt!“ lautete ein typischer Rat. Allerdings enthielten einige Antworten Ungenauigkeiten, etwa bei der Nennung von Ersatzteilnummern oder empfohlenen Drehmomentwerten. Copilot eignet sich daher besser für generelle Hinweise als für exakte Werkstattanweisungen.
Praxistauglichkeit im Renault-Clio-Fall
In einer finalen Bewertung durch Tim Singer, Werkstattleiter bei BMS Cars, waren alle drei Systeme hilfreich: ChatGPT lieferte das umfassendste Diagnosebild, Google AI bot die schnellste Vorgehensweise, Copilot nahm Ängste und bot Motivation. Singer betonte jedoch: „Keine KI-Empfehlung ersetzt die professionelle Diagnose mit Hebebühne, Messgeräten und geschultem Blick.“
DIY-Gefahren und Sicherheitsaspekte
Chatbots können Laien in Sicherheit wiegen. Eine falsch interpretierte Anleitung zur Kupplungsjustierung birgt konkret die Gefahr, dass das Fahrzeug unkontrolliert abrutscht. Bei der Bremsanlage ist volle Professionalität unabdingbar. Deshalb warnen Experten eindringlich davor, komplexe Eingriffe ohne Fachwissen vorzunehmen. Als Faustregel gilt:
- Kleinere Wartungsarbeiten (Ölstand prüfen, Scheibenwischer wechseln) sind vertretbar.
- Alles, was direkt Bremse, Lenkung oder Getriebe betrifft, erfordert die Werkstatt.
Rechtliche Verantwortung und Datenaktualität
Ein weiterer kritischer Punkt ist die rechtliche Haftung: Wer übernimmt Verantwortung, wenn ein KI-Ratschlag zu einem Schaden führt? Aktuell ist der Anwender in der Pflicht, sich zusätzlich fachlich abzusichern. Zudem müssen Chatbots regelmäßig mit Fahrzeugdatenbanken und Gesetzesänderungen synchronisiert werden, um Aktualität zu garantieren – eine Herausforderung für Anbieter wie OpenAI, Google und Microsoft.
Fazit für den Alltag: Ergänzung statt Ersatz
Der Praxistest zeigt, dass ChatGPT & Co. als ergänzendes Info-Tool taugen: Sie geben erste Einschätzungen, erklären technische Zusammenhänge und sparen Recherchezeit. Dennoch bleibt das Zusammenspiel mit einem erfahrenen Mechaniker unverzichtbar. Wer Chatbots klug einsetzt – als Vorab-Navi durch technische Begriffe und als Checkliste für das nächste Werkstattgespräch – profitiert deutlich von der KI-Unterstützung.
