Gorden Wagener verlässt Mercedes: Ein Wendepunkt für das Design der Marke
Nach fast drei Jahrzehnten bei Mercedes‑Benz endet eine Ära: Gorden Wagener, seit 2008 Leiter des Designbereichs, tritt zum 31. Januar 2026 ab. Zum 1. Februar übernimmt der Slowake Bastian Baudy, derzeit Chefdesigner bei Mercedes‑AMG, das Amt. Für Liebhaber deutscher Automobilkultur ist das mehr als ein Personalwechsel – es ist ein Moment, in dem man sich fragt, wie sich die visuelle Identität einer der bekanntesten Marken der Welt verändern wird.
Wagener: Der Architekt der modernen Mercedes‑Formensprache
Gorden Wagener prägte das Gesicht von Mercedes in den letzten zwanzig Jahren maßgeblich. Sein Einstieg bei Mercedes 1997 und seine Ernennung zum Head of Design 2008 markieren den Beginn einer Phase, in der die Marke eine radikale Modernisierung ihres Stils vollzog. Unter seiner Leitung entstanden oder wurden neu interpretiert: die aktuelle Mercedes‑A‑Klasse, die Neuauflage der S‑Klasse, die Sportwagen‑Ikonen AMG GT und AMG SL sowie die kontrovers diskutierten Elektro‑Limousinen EQE und EQS. Auch die jüngsten Studien wie die Vision Iconic tragen seine Handschrift und deuten an, wohin die Reise des Unternehmens stilistisch gehen soll.
Was Wagener hinterlässt: Stärken und Kontroversen
Die Bilanz ist dennoch beeindruckend: Wagener formte ein kohärentes Designsystem, das sich über Kompakt‑, Luxus‑ und Sportmodelle erstreckt und Mercedes eine wiedererkennbare Identität verlieh.
Bastian Baudy: Kontinuität oder Neuausrichtung?
Bastian Baudy bringt eine andere, aber komplementäre Erfahrung mit: Seine Arbeit bei Mercedes‑AMG prägte Sportlichkeit und dramaturgische Formgebung. Baudy steht hinter spektakulären Konzepten wie der Mercedes Concept IAA (2015) und der Mercedes‑AMG Vision Gran Turismo (2013). Seine Ernennung signalisiert zunächst Kontinuität – ein Designer aus dem Konzern bleibt an der Spitze – doch die AMG‑Prägung könnte verstärkt Einfluss auf die künftige Designsprache nehmen.
Was das für zukünftige Modelle bedeutet
Die Modelle, die derzeit noch in Entwicklung sind, tragen wohl größtenteils Wagener‑DNA. Baudy wird jedoch die Aufgabe haben, die nächste Dekade des Mercedes‑Designs zu gestalten. Praktisch könnten wir folgendes sehen:
Markt und Kundenerwartungen: Ein Balanceakt
Ein Chefdesignerwechsel ist nie nur intern relevant: Kundenwahrnehmung, Händlermarketing und Investoren beachten solche Signale genau. Mercedes muss zwei Publikumsschichten besänftigen: die traditionsbewussten Käufer, die Kontinuität und Dezenz erwarten, und jüngere, performanceorientierte Käufer, die eine dynamischere Optik schätzen. Baudy steht vor der Herausforderung, diese Balance zu halten.
Designprozess in der Praxis: Von Konzept bis Serie
Der Übergang wird auch die internen Abläufe berühren: Designteams, Modellpläne und Konzeptphasen. Baudy bringt Erfahrungen aus AMG‑Projekten mit, die oft auf schnelle, emotionale Konzepte zielen. In Serienreife muss ein Entwurf jedoch zahlreiche Parameter berücksichtigen: Aerodynamik, Crash‑Regeln, Produktionskosten und Materialwahl. Die Kunst besteht darin, Visionen marktreif zu machen, ohne sie zu verwässern.
Wagener verabschiedet sich mit Blick nach vorn
In seinem Abschiedsstatement betonte Wagener, dass das gestaltet werden konnte, was er sich vorgenommen habe, und dass der „Zukunftsentwurf“ für das nächste Jahrzehnt schon entworfen sei. Das deutet an, dass sein Team eine klare Roadmap hinterlässt, die Baudy nun weiterentwickeln kann. Für Autointeressierte heißt das: Wir werden bereits langfristig argumentierbare Designlinien sehen, aber auch progressive Nuancen, die Baudy einbringen wird.
Was Beobachter jetzt tun sollten
Fazit für die Straße
Für uns auf der Straße in Bayern und ganz Deutschland ist das ein spannender Zeitpunkt: Ein vertrautes Designkapitel schließt sich, ein neues beginnt. Ob die zukünftigen Mercedes Modelle noch stärker in Richtung Sportlichkeit tendieren oder die traditionelle Eleganz bewahren — entscheidend wird sein, ob die Marke es schafft, technischen Fortschritt und emotionale Anziehungskraft zu vereinen. Ich werde die Entwürfe und die ersten Baureihen genau beobachten und berichten, wie sich dieser Wechsel konkret auf das Erscheinungsbild und das Fahrgefühl unserer geliebten Sternmodelle auswirkt.
