Albtraum in Interlagos: Gleich zwei Ausfälle für Ferrari
Beim Großen Preis von Brasilien 2025 in São Paulo endete für die Scuderia Ferrari ein Wochenende zum Vergessen. Sowohl Charles Leclerc als auch Lewis Hamilton mussten ihre Boliden vorzeitig abstellen – Leclerc nach einer Kollision im ersten Sektor, Hamilton wegen einer technischen Strafe und darauf folgender Motorproblematik. Ein ungewöhnlicher Doppelausfall in Interlagos, der nicht nur die Fans, sondern auch die gesamte technische Abteilung in Maranello ratlos zurücklässt.
Crash-Analyse: Leclercs Kollision im ersten Sektor
Bereits im ersten Sektor geriet Leclerc in Kontakt mit einem midfield-Konkurrenten. Durch die hohe Seitenführungskraft des Ferrari SF25-V2 kippte das vordere linke Rad leicht aus seiner Spur, sodass sein Vorderrad am Hinterreifen des anderen Autos schleifte. Die Folgen:
- Gebrochenes Frontflügel-Endplate und ein beschädigter Unterboden
- Verdrehte Radaufhängung mit ungleichmäßiger Federbein-Belastung
- Starker Verlust an Auftrieb an der Front, was ein Weiterfahren unmöglich machte
Der unvermeidliche Gang in die Box zum Frontflügelwechsel endete abrupt, als die defekte Suspension einen sicheren Weiterbetrieb ausschloss.
Strafe und Technikpanne: Hamiltons Pechsträhne
Nur wenige Runden später geriet Hamilton in eine andere Art von Drama. Beim Verlassen der Startaufstellung nach einem Safety-Car-Re-Start unterließ Ferrari das planmäßige Abschalten des Motors. Die Folge war eine Drive-Through-Strafe:
- Verstoß gegen das Protokoll beim Motorstopp an der Boxenausfahrt
- Auftauchen eines Warnsignals aufgrund höherer Öltemperatur im MGU-H
- Strafe: Durchfahrt durch die Box mit Zeitverlust von rund 20 Sekunden
Kaum war Hamilton nach der Strafe wieder auf der Strecke, reduzierte das Energiemanagement-System die Leistung, um Motorschäden zu vermeiden. Die daraus resultierende Mangel an Leistungsreserven machte ein konkurrenzfähiges Rennen unmöglich.
Set-up-Kritik: Fahrwerk und Aero-Feinabstimmung
Insbesondere das Fahrwerk geriet im Nachgang in die Kritik. Folgende technische Aspekte stehen im Fokus:
- Zuviel Grundsteifigkeit – Die Dämpfer waren laut Team zu hart abgestimmt und führten auf Interlagos’ unebenen Kerbs zu instabilen Ausweichmanövern.
- Aerodynamischer Anstellwinkel – Das aggressive Level des Frontflügels von 3,8° sorgte zwar für enormen Anpressdruck, bremste aber in schnellen Kurven die Richtungswechsel.
- Differenzial-Map – Zu enges Sperrverhalten in langsamen Kurven führte zu Übersteuern beim Lastwechsel.
Dieser Mix aus straffer Federung und hoher aerodynamischer Belastung ist auf Interlagos schwierig, da die Strecke schnelle und langsame Passagen kombiniert.
Power-Unit-Drama: Überhitzung und Energiemanagement
Bei Hamilton traten schließlich deutliche Anzeichen einer Überlastung des Hybrid-Systems auf:
- MGU-H-Temperatur stieg auf über 1.100 °C, obwohl Spezifikation bei max. 1.000 °C lag.
- Leistungsreduktion um rund 25 kW an Energiespeicher, um eine Zerstörung der Turboladerkomponenten zu verhindern.
- Energieverbrauch lag deutlich über dem Saisonmittel – ein Indiz für falsches Batteriemanagement.
Die Folge: Hamilton musste erneut an die Box, sein Rennen war gelaufen.
Championship-Folgen: Punktverluste und Druck
Der Doppelausfall trifft Ferrari empfindlich in beiden Wertungen:
- Fahrer-WM: Leclerc verliert 18 Punkte auf die Spitze, Hamilton nullt erneut.
- Konstrukteurswertung: Die Rivalen Red Bull und Mercedes bauen ihren Vorsprung aus.
- Mentaler Druck: Team und Piloten stehen vor existenziellen Fragen – besonders so kurz vor Saisonende.
Maranellos To-Do-Liste: Sofortmaßnahmen und Ausblick
Bereits im nächsten Rennen in Las Vegas muss die Scuderia reagieren. Fokus liegt auf folgenden Punkten:
- Fahrwerksabstimmung – Dämpfer weicher und progressive Federraten zur besseren Kerbabsorption.
- Aero-Feinjustierung – Reduzierung Frontflügelwinkel um 0,4° für ausgeglicheneres Handling in schnellen Passagen.
- Thermomanagement – Kühlerfläche MGU-H vergrößern und neue Kühlkreisläufe für mehr Reserven.
- Simulations-Training – Virtuelle Szenarien für Safety-Car-Neustarts und Formations-Ausfahrten intensiver einstudieren.
Nur mit klarem Kurs und technischer Präzision kann Ferrari den Anschluss in beiden Meisterschaften halten und die negative Dynamik stoppen.