Wer hätte das gedacht? Laut einer aktuellen Auswertung des Elektronik-Spezialisten Actronics führt nicht Fiat die Liste der am häufigsten reparierten Autos in Italien an, sondern Ford. Auf Basis von Daten zu überholten Elektronikkomponenten in Werkstätten zeigt sich: Elektrik und Elektronik entscheiden immer mehr über die Standfestigkeit moderner Fahrzeuge – und dabei stehen etablierte Marken überraschend im Fokus.
Erhebungsmethodik: Datenbasis und Gewichtung
Actronics hat sämtliche Revisionen von Elektronikbauteilen in seinen italienischen Servicezentren analysiert und die Häufigkeit der Reparaturen regional aufbereitet. Entscheidend für die Rangliste war dabei nicht die absolute Zahl der Einsätze, sondern ein Index, der die Anzahl der Reparaturen auf die Einwohnerzahl der jeweiligen Region und Provinz bezieht. So entsteht eine belastbare Landkarte, die zeigt, wo Autos besonders oft in die Werkstatt müssen – ungeachtet von mechanischen Schäden.
Top 5 der Marken: Ford vor Volkswagen und Mercedes
Mit einem beeindruckenden Anteil von 25,39 % aller registrierten Elektronik-Revisionen liegt Ford auf Platz 1. Doch das muss nicht zwangsweise auf schlechte Gesamtqualität schließen lassen. Vielmehr benennen Technik-Experten folgende Ursachen:
- Komplexe Steuergeräte werden bei neueren Ford-Modellen in steigendem Maße verbaut, beispielsweise für Fahrassistenz oder Infotainment.
- Sensibilisierte Sensorik an Achs- und Motorsteuerung reagiert empfindlicher auf Feuchtigkeit und Streusalz.
Auf den Plätzen 2 und 3 finden sich Volkswagen und Mercedes-Benz. Beide Konzerne kämpfen ebenfalls mit Elektronikproblemen, insbesondere bei:
- Steuergeräten für automatisierte Getriebe (VW DSG);
- Hochauflösenden Touchscreens und COMAND-Systemen in aktuellen Mercedes-Modellen.
Opel und Audi folgen dicht dahinter, während Fiat überraschend erst auf Platz 6 rangiert. Noch vor Fiat liegen BMW, Peugeot und Renault – allesamt Marken, die auf immer mehr Assistenz- und Komfortsysteme setzen.
Regionale Unterschiede: Das italienische Werkstatt-Ranking
Italienweit weist die Region Friaul Julisch Venetien mit einem Index von 52,2 den höchsten Bedarf an Elektronik-Revisionen auf. Gründe können sein:
- Alpine Strecken: Starkes Bergstraßenprofil und häufige Temperaturextreme belasten Sensoren und Steuergeräte.
- Feuchte Winter: Neuschnee und Streusalz führen zu Korrosion in Elektrik-Komponenten.
Direkt dahinter folgen:
- Venetien: Intensiver Pendlerverkehr und Feuchtigkeitswechsel im nordöstlichen Italien.
- Trentino-Südtirol: Höhenlage und Tourismusverkehr auf engen Bergstraßen.
- Toskana: Wechsel zwischen Küstenklima und bergigem Hinterland.
Bemerkenswert: Die bevölkerungsstarken Regionen Latium, Lombardei und Kampanien tauchen nicht in den Top 5 auf. Offenbar gleichen hier dichte Werkstattnetze und milderes Klima negative Effekte aus.
Provinz-Hotspots: Sondrio, Triest und Verona an der Spitze
Auf Provinzebene gibt Sondrio mit einem Index von 60,6 den Ton an. Die Ursachen:
- Alpenpässe: Permanente Temperaturwechsel und Feuchtigkeit überfordern die Elektronik.
- Enges Straßennetz: Häufige Stop-and-go-Situationen belasten Batteriesensoren und Steuergeräte.
Weitere Provinzen mit hohem Reparatur-Index sind:
- Triest (52,1): Hafen- und Durchgangsverkehr mit starker Korrosionsgefahr.
- Verona: Knotenpunkt zwischen Nord und Süd, intensive Verkehrsströme beanspruchen Assistenzsysteme.
- Cagliari: Hohe Temperaturen im Sommer belasten Klimaanlagensteuerungen und Batteriemanagement.
- Biella und Vercelli: Ländliche Straßen mit wechselndem Belag setzen Federungssensoren unter Dauerstress.
Technische Defizite: Warum Elektronik versagt
Moderne Fahrzeuge sind wahre Elektronik-Wunderwerke. Doch je mehr Sensoren und Steuergeräte, desto höher die Ausfallwahrscheinlichkeit:
- Wetterempfindliche Platinen: Kondenswasserbildung auf Leiterplatten führt zu Kurzschlüssen.
- Sensor-Kalibrierung: Radarsensoren und Kameras müssen regelmäßig justiert werden – sonst erhöhen sich Fehlalarme und Fehlfunktionen.
- Software-Updates: Patch-Management bei Infotainment-Systemen ist oft unzureichend, wodurch Bugs nicht zeitnah behoben werden.
- RF-Interferenzen: Störsignale durch Funksender oder gebündelte Leitungen können Kommunikationsprobleme zwischen Steuergeräten verursachen.
Diese Schwachpunkte zeigen, dass nicht allein die Hardware optimiert werden muss, sondern auch die gesamte System-Architektur und Softwarequalität.
Ausblick und Handlungsempfehlungen für deutsche Fahrer
Auch wenn sich die Daten auf Italien beziehen, lassen sich einige Lehren für Deutschland ziehen:
- Regelmäßige Wartung: Insbesondere bei Elektronikkomponenten wie Sensoren und Steuergeräten ist ein jährlicher Check-Up sinnvoll.
- Software-Management: Werkstätten sollten Besitzer aktiv an verfügbare Updates erinnern und diese aufschalten.
- Schutz vor Feuchtigkeit: Garagenstellplätze und Hohlraumversiegelung können Korrosion an empfindlichen Platinen verhindern.
- Erweiterte Diagnose: Anwender sollten auf Werkstätten mit erweiterten Prüfgeräten achten, die auch Feldausfälle und Interferenzen erfassen.
Wer seine Elektronik-Komponenten im Blick behält, kann Ausfallzeiten reduzieren und langfristig Kosten sparen – ein wichtiges Thema für alle, die viel unterwegs sind und auf Assistenzsysteme nicht verzichten möchten.
