Die Geburtsstunde der Porsche 963 RSP
Nach Wochen voller Spekulationen lüftet Porsche endlich den Schleier über die 963 RSP – einer genuine Hypercar-Variante der Le-Mans-Rennsportlegende Porsche 963, bereit für den Straßeneinsatz. Dieses Einzelstück knüpft direkt an die legendäre „Count Rossi“ 917 aus dem Jahr 1975 an. Damals fuhr der italienische Graf Carlo Masetti einen minimal umgerüsteten 917 (#30) von Zuffenhausen bis nach Paris. Fünfzig Jahre später erweckt Porsche diese faszinierende Geschichte im Rahmen eines ambitionierten Entwicklungsprojekts wieder zum Leben.
Kooperation und Inspirationsquelle
Die 963 RSP entstand in enger Zusammenarbeit zwischen Porsche, Porsche Penske Motorsport, Porsche Cars North America und Roger Penske. Die beteiligten Ingenieure stellten sich die Frage: „Warum nicht einfach noch einmal wagen?“ So begann der zweijährige Prozess, bei dem das ikonische Design und die technische DNA der 917 Count Rossi modern interpretiert wurden – ohne dabei die Rennseele zu opfern.
Karosserie und Lackierung im „Martini Silber“
Auf den ersten Blick unterscheidet sich die RSP deutlich von ihrer WEC-Vorlage: Statt über Zählnummern und Sponsoraufkleber verfügt sie über eine makellose Voll-Farbgebung in „Martini Silber“, identisch mit dem 1975er Original. Die Karosserie aus Carbon und Kevlar blieb in ihrer Materialität unverändert, doch erforderte die extrem dünne Schichtstärke höchste Präzision in der Lackierabteilung. Neuerungen wie neu geformte Lufteinlässe, ein emaillierter Porsche-Badge an der Front und ein 3D-gedrucktes „963 RSP“-Emblem am Heck runden die Hommage ab.
Straßenzulassung und Abnahme
Um die RSP legal auf öffentliche Straßen bringen zu können, erhielt sie die notwendigen Straßenausstattungen:
Fahrwerk und Handling
Das Fahrwerk der 963 RSP blieb im Kern ein WEC-Design, erhielt jedoch eine Straßeneinrichtung. Die Dämpfer mit extra weicher Kennlinie bieten mehr Komfort, während der tief montierte Motor und die zentrale Batterie für einen niedrigen Schwerpunkt sorgen. Zwar bleibt der Wagen für Enthusiasten jederzeit am Limit, doch ertönt beim Drücken des Gaspedals kein ruckartiges Rennmanagement, sondern eine sanfte, lineare Leistungsentfaltung.
Luxuriöses Interieur – Rennsport trifft Salon
Anders als der karge Innenraum eines Rennboliden präsentiert sich die RSP wohnlich: Hellbraunes Leder bedeckt Sitze und Lenkrad, während die Armaturentafel und die A-Säulen in Alcantara gehüllt sind. Gepolsterte Autositze und handverlesene Ziernähte zeugen von höchster Verarbeitungsqualität. Besonders originell sind der 3D-gedruckte Becherhalter und ein Fach für Helm, Lenkrad oder Laptop. Die Luftdüsen nehmen das V12-Ventilationsmuster der 917 auf, und eine Metallplakette an der Fahrertür nennt Chassisnummer und Montageort.
Antrieb – V8-Biturbo plus Hybrid
Unter der eleganten Karosserie schlägt das Herz eines 4,6-Liter-V8-Biturbo, abgeleitet vom Porsche RS Spyder-Projekt. Ergänzt wird er um ein 800-Volt-Hybridsystem mit einer 1,35-kWh-Batterie und einem MGU (Motor-Generator Unit) zwischen Motor und Getriebe. In Boost-Phasen stehen zusätzlich 30–50 kW zur Verfügung. Die neu kalibrierte Motorsteuerung sorgt für eine geschmeidige Leistungsabgabe, ideal für Landstraßen und Stadtautobahnen, ohne die charakteristische Wucht einer Rennmaschine einzubüßen.
Erste Eindrücke von Timo Bernhard
Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard war der Erste, der die RSP auf der Straße pilotieren durfte. Er schwärmt von der „irreale Kombination aus Straßenkomfort und Renn-DNA“. Im Gegensatz zum reinen Rennwagen fühlt sich die RSP zahmer an, auch weil man nicht in voller Rennausrüstung sitzt. Dennoch bleibt das unverwechselbare Feedback eines reinen Rennwagens erhalten – für Bernhard eine einmalige Erfahrung, die er „ein Leben lang nicht vergessen wird“.
Zukunftsaussichten: Le Mans und Goodwood
Bevor die 963 RSP fest ins Porsche-Museum in Stuttgart übergeht, wird sie bei der 24 Stunden von Le Mans 2025 am Circuit de la Sarthe ausgestellt. In Juli folgt ein weiteres Highlight: Die Präsentation neben der historischen 917 Count Rossi beim Goodwood Festival of Speed. Für Enthusiasten ist diese RSP damit nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein lebendiges Bindeglied zwischen Rennsportvergangenheit und moderner Straßentechnologie.