Du wirst nicht glauben, wie frisch sich dieser 30 Jahre alte Alfa Romeo Duetto noch fährt!
Kaum ein klassischer Roadster kann auf eine Produktionsdauer von über drei Jahrzehnten zurückblicken, ohne dabei seine Identität zu verlieren. Die Alfa Romeo Spider Serie 4, bekannt als „Duetto“ im Modelljahr 1990, ist genau so ein Ausnahmetalent. Entwickelt von Pininfarina und zwischen 1990 und 1993 in rund 21.400 Einheiten gebaut, stellt sie den krönenden Abschluss der klassischen Spider-Ära dar. In unserem Fahrbericht auf deutschen Landstraßen schauen wir uns an, was den Duetto so zeitlos und gleichzeitig puristisch macht.
Historischer Kontext: Die letzte echte Spider
Ende der 1980er Jahre geriet der traditionelle Roadster-Markt in Bewegung: 1989 startete die Mazda MX-5 mit Leichtbau und präziser Lenkung, Lotus präsentierte den turbogeladenen Elan M100 mit Frontantrieb, und Toyota setzte mit der MR2 II auf Mittelmotor-Layout. In diesem Umfeld erschien die Alfa Spider wie eine noble Dame alter Schule – ohne moderne Spielereien, aber mit unverkennbarer Eleganz.
- Erstvorstellung „Duetto“: 1966 bei Pininfarina.
- Serien 1 bis 3: Laufende technische und optische Überarbeitungen bis Ende der 1980er.
- Serie 4 (1990–1993): Geburtsjahr unserer Testwagen, letzte echte Hinterrad-Driven-Spider.
- Nachfolger (Serie 916 ab 1995): Frontantrieb, neue Plattform – kein klassischer Roadster mehr.
Design-Updates der Serie 4
Um sich im Roadster-Ranking zu behaupten, erhielt die Serie 4 subtile, aber wichtige Updates:
- Karosserie & Bumper: Stoßfänger nun in Wagenfarbe lackiert, schärfer gezeichnet.
- Rückleuchten: Moderne, überschneidungsfreie Leuchtengrafik für bessere Sichtbarkeit.
- Interieur-Feinschliff: Alcantara- oder Lederbezüge für Sitze, feinerer Teppich bis in den Kofferraum.
- Servolenkung: Erstmalig Serie in der Spider, erleichtert Rangiermanöver in der Stadt.
Motor und Fahrwerk: Herzstück des Duetto
Unter der langen Motorhaube sitzt der bewährte 2,0 Liter Twin-Cam-Motor mit doppelter obenliegender Nockenwelle und variabler Ventilsteuerung (VVT). Die Eckdaten sprechen für sich:
- Leistung: 120 PS bei 5.500 U/min
- Drehmoment: 181 Nm, abrufbar ab 2.000 U/min
- Beschleunigung: 0–100 km/h in rund 10 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h
Das manuelle 5-Gang-Getriebe harmoniert perfekt mit dem Drehmomentband. Im Vergleich zu modernen Sportwagen wirken die Werte auf dem Papier moderat, doch auf kurvigen Landstraßen entpuppt sich das Ansprechverhalten als beeindruckend spontan. Der typische Vierzylinder-Sound unterstreicht das nostalgische Fahrerlebnis.
Fahrdynamik: Kommunikativ statt steril
Das Fahrwerk bleibt klassisch aufgebaut: Doppelquerlenker vorn und eine starrachse mit Schraubenfedern hinten. Dieser Aufbau liefert eine direkte Rückmeldung vom Fahrbahnkontakt, ohne das unkontrolliert austarierte Handling heutiger Sportwagen. Auf Landstraßen zeigt der Duetto:
- Lenkung: präzise und leichtgängig – ideal für enge Kurvenkombinationen.
- Karosserieneigung: spürbar, aber nicht störend – erinnert an die pure Mechanik früherer Tage.
- Federung: straff abgestimmt, belohnt mit puristischem Straßengefühl.
Das Zusammenspiel aus Servolenkung und mechanischer Achsgeometrie sorgt für ein organisches Fahrer-Feedback, das moderne Assistenzsysteme niemals ersetzen können.
Praxiseindruck: Alltagstauglichkeit vs. purer Charme
Der Zugang in den Spider ist für größere Fahrer etwas fummelig, die Sitzposition recht tief. Oberhalb von 1,85 m sollte man vor der Kaufentscheidung probesitzen. Einmal drin, empfängt einen das klassische Cockpit mit sechs runden Instrumenten und einem schmalen Drei-Speichen-Lederlenkrad. Die Plastikverkleidungen wirken heute simpel, spiegeln aber die Fiat-Wurzeln wider.
- Stauraum: begrenztes Kofferraumvolumen – ideal für Wochenend-Shorttrips, nicht für Großeinkäufe.
- Öffnen des Verdecks: manuell, dauert wenige Sekunden und ist intuitiv.
- Windschutz: kaum Spritzwasser selbst bei geschlossenem Verdeck, perfekte Aerodynamik für Roadster-Feeling.
Das wohl stärkste Argument für den Duetto ist die unmittelbare Verbindung zur Straße. Mit offenem Verdeck spürt und hört man jede Nuance – von Motorvibration bis Windgeräusch. In Zeiten von Hightech-Infotainment und Emissionszwängen wirkt das wie eine erfrischende Zeitreise.
Pflege und Werterhalt
Besitzer klassischer Spider sollten folgende Punkte beachten, um langfristig Freude am Duetto zu haben:
- Regelmäßige Wartung der VVT-Technik und Ventilspielkontrolle alle 30.000 km.
- Prüfung der Bremsleitungen auf Korrosion – original Fiat-Bauteile altern.
- Verdeckpflege mit Textilreiniger und Imprägnierung zur Verhinderung von Undichtigkeiten.
- Kenntnis der Ersatzteilquellen: Viele Teile sind heute rar, daher frühzeitig nach Replikate-Anbietern suchen.
Fazit der Testfahrt
Die Alfa Romeo Spider Serie 4 Duetto verkörpert pures Roadster-Vergnügen, das im Zeitalter von SUVs und Elektroantrieben fast verloren scheint. Wer Wert auf Emotionalität, Historie und handfeste Mechanik legt, findet in diesem Klassiker ein faszinierendes Fahrerlebnis. Für Pendler mit ausgeprägtem Alltagstauglichkeitsanspruch ist sie weniger geeignet. Aber als Wochenendfahrzeug und Sammlerobjekt zählt der Duetto zu den Ikonen, die man einfach erlebt haben muss.